Uganda: Eine Bank von Frauen für Frauen
Annet Nakawunde Mulindwa spricht bei einer Konferenz der Deutschen Welle in Bonn
Finance Trust Bank ist eine ugandische Mikrofinanzbank, die 1984 gegründet wurde, um Frauen Finanzdienstleistungen zu bieten. Seit 2004 ist Finance Trust Partner von Oikocredit. Heute hat die Bank über 200.000 Kundinnen und Kunden – die Mehrheit von ihnen sind Frauen. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Annet Nakawunde Mulindwa während eines Besuchs in Deutschland darüber, wie die Bank ihre Angebote auf ihre Kundschaft ausrichtet und wie sie speziell Frauen fördert.
Finance Trust ist eine der ältesten Mikrofinanz-Akteure in Uganda. Können Sie uns etwas über die Entstehungsgeschichte sagen?
Finance Trust wurde von einer Gruppe von Frauen gegründet, denen aufgefallen war, dass Frauen wirtschaftlich benachteiligt waren, weil sie keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hatten. Sie legten ihre eigenen geringen Ersparnisse zusammen und verliehen diese an Gruppen armer Frauen. Über die Jahre wuchs und veränderte sich die Organisation und fing auch an, Darlehen an Männer zu vergeben. Aber Frauen mit niedrigem und mittlerem Einkommen stehen nach wie vor im Fokus. Wir haben festgelegt, dass Frauen immer mindestens 60 Prozent unserer Kundschaft ausmachen sollen.
Sie haben viele verschiedene Angebote wie Sparkonten oder Bildungskredite. Wie kommen Sie auf Ideen für neue Produkte?
Wir orientieren uns am Bedarf unserer Kundinnen und Kunden, die uns nach bestimmten Produkten fragen. Aber wir machen auch Marktforschungsstudien, um zu sehen, was benötigt wird. Und wir passen die Angebote den Bedürfnissen und Verwendungszwecken unserer Kundschaft an. Eine Bäuerin, die mit einem Kredit Saatgut kauft, kann nicht sofort anfangen, ihren Kredit zu tilgen und bekommt daher flexible Rückzahlungsmodalitäten.
Können Sie ein Beispiel für ein Finanzprodukt geben, das Sie neu entwickelt haben?
Ein Beispiel ist das „Mama Safe“-Sparkonto. Wir haben überlegt, bei welchen Herausforderungen wir Frauen konkret unterstützen können. Ein wichtiger Bereich ist die Gesundheit. Frauen brauchen z. B. einen sicheren Ort, wo sie Kinder zur Welt bringen können. Wir haben also ein Produkt entwickelt, das Sparen, Kredit und Krankenversicherung kombiniert. Die Krankenversicherung kostet rund 150 USD, die direkt an das Versicherungsunternehmen gehen, mit dem wir zusammenarbeiten. Allerdings haben wir festgestellt, dass viele Frauen die 150 USD für die Krankenversicherung nicht auf einmal zahlen können. Deshalb geben wir ihnen ein Darlehen von 150 USD. Damit können sie Versicherungskosten decken und dann den Betrag Schritt für Schritt im Laufe eines halben oder ganzen Jahres zurückzahlen.
Sie haben auch spezielle Sparangebote für Mädchen. Warum sind solche Angebote wichtig?
In unserem Land werden Mädchen oft sehr früh schwanger, sie werden öfter Opfer von Gewalt als Jungen und viele von ihnen verlassen die Schule ohne Abschluss. Manche sind schon mit 12 Jahren verheiratet, haben mit 14 eigene Kinder und viele von ihnen leben in Slums. Deshalb muss man sich um diese Mädchen kümmern und schauen, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Unter unseren Kundinnen haben wir 5.000 Mädchen zwischen 10 und 18 Jahren. Für diese Mädchen haben wir in unseren Filialen eigene Schalter mit einer erhöhten Stufe eingerichtet, damit sie auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern sprechen können. Sie bekommen keine Kredite von uns, aber Sparkonten. Außerdem schulen wir sie in finanzieller Grundbildung, Gesundheitsfragen und Unternehmertum. Wenn es unsere Mittel zulassen, bringen wir die Mädchen einmal im Jahr zu einer Konferenz zusammen.
Ist die finanzielle Grundbildung eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Mikrofinanzangebote?
Finanzielle Grundbildung ist essentiell. Viele Leute haben nie gelernt, mit Geld umzugehen. Wenn wir Darlehen vergeben, dann schulen unsere Kreditsachbearbeiter die Kreditnehmerinnen und -nehmer in finanziellen Fragen. Besonders bei Darlehen, die an Gruppen vergeben werden, nutzen wir die ersten Treffen vor der Auszahlung des Kredits für die Schulung der Gruppenmitglieder.