Dritter Quartalsbericht 2021: Vorsichtiger Optimismus

Dritter Quartalsbericht 2021: Vorsichtiger Optimismus

Fakten und Zahlen Q3.PNG23. November 2021

Vier Mal im Jahr veröffentlicht Oikocredit Zahlen und Fakten für das vorangegangene Quartal. Dieser Beitrag enthält zusätzliche Hintergrundinformationen.

Interimsgeschäftsführung sorgt für Kontinuität

Das dritte Quartal 2021 ist für Oikocredit zufriedenstellend verlaufen. Trotz des Ausscheidens von Oikocredit International-Geschäftsführer Thos Gieskes sowie Petra Lens, Direktorin für Personal & Wandel, im Quartalsverlauf gelang es der Interimsgeschäftsführung Kontinuität in der Geschäftsführung sicherzustellen. Interimsgeschäftsführerin Mirjam ‘t Lam, Interimsdirektorin für Menschen und Wandel Wilma Straatman und die übrigen Mitglieder der Geschäftsführung begrüßen die positiven Entwicklungen in verschiedenen Bereichen der Genossenschaft.

Der enge Dialog mit den MitarbeiterInnen und anderen Interessengruppen bei gleichzeitiger Umsetzung der Veränderungen auf Managementebene war eine der Prioritäten in diesem Quartal. Wichtige Zielsetzungen waren außerdem die Stärkung des Entwicklungsfinanzierungsportfolios, nachdem das Portfolio im Zuge der Covid-19-Pandemie 2020 Verluste hinnehmen musste und einen Rückgang verzeichnete, sowie der weiteren Entwicklung unseres neuen Geldanlagemodells.

Auch auf Ebene des Aufsichtsrats gab es Veränderungen: Nitin Gupta legte aus persönlichen Gründen sein Mandat nieder und Joseph Patterson trat mit Wirkung zum 1. Oktober als Aufsichtsratsvorsitzender zurück. Seine Vertreterin Cheryl Jackson tritt seine Nachfolge an.

Der Portfolioaufbau geht weiter

Die Weltwirtschaft hat die schlimmsten Auswüchse der Corona-Pandemie weitgehend überwunden. Im dritten Quartal zeichnete sich daher in den Schwerpunktländern von Oikocredit ebenfalls eine wirtschaftliche Erholung ab. Erfreulich ist, dass unser Entwicklungsfinanzierungsportfolio aufgrund der steigenden Nachfrage nach Krediten netto um 4,8 Prozent zugelegt hat: von 835,5 Millionen Euro im zweiten Quartal (Q2) auf nun 875,8 Millionen Euro. Das entspricht einem Zuwachs von 30,7 Millionen Euro seit Jahresbeginn. Die Kreditbewilligungen erreichten wiederum ihr Niveau von vor der Pandemie; die Auszahlungen entsprachen den Erwartungen.

Der Anteil ausfallgefährdeter Projekte („PAR 90“), also der Anteil von Darlehen, bei denen die Rückzahlungen 90 Tage überfällig sind (außer bei gewährten Zahlungspausen), stieg leicht von 5,9 Prozent auf 6,1 Prozent, da einige unserer größeren Partnerorganisationen in Rückstand geraten waren. Hinzu kamen höhere Kreditabschreibungen: In einigen Fällen gab es ernstere Rückzahlungsschwierigkeiten, die zum Teil auf Covid-19 zurückzuführen waren. Die überwiegende Mehrheit unserer Partner hat sich jetzt so weit von den Auswirkungen der Pandemie erholt, dass sie ihre planmäßigen Tilgungszahlungen wieder aufnehmen konnten. Nur zwölf Partnerorganisationen nahmen auch im dritten Quartal eine Zahlungspause in Anspruch. Auf sie entfallen 18,6 Millionen Euro des gesamten Kreditportfolios (gegenüber 64,9 Millionen Euro im Vorquartal).

Unsere Kapitalbeteiligungen haben sich volumenmäßig nicht verändert. Allerdings wurden im dritten Quartal zwei neue Investments genehmigt und ein Verkauf abgewickelt. Die Zahl der in diesem Jahr getätigten Kapitalanlagen liegt damit bei acht. Im Jahresverlauf kam es bei der Kapitalbeteiligung an einem Partner im Bereich erneuerbare Energien zu einer Wertminderung.

Mit 527 (Q2: 529) blieb die Zahl unserer Partnerorganisationen weitgehend stabil. Das Volumen der Hartwährungskredite, einschließlich US-Dollar-Kredite, stieg leicht an, vor allem in Afrika und Lateinamerika. In diesen Regionen nahmen auch die Projektfinanzierungen insgesamt zu. Asien – einschließlich Indien – blieb stabil. Rückstellungen für Kreditverluste und Wertberichtigungen gingen von 11,2 Prozent auf 10,5 Prozent des Entwicklungsfinanzierungsportfolios zurück. Diese Entwicklung war zum Teil durch das Portfoliowachstum bedingt.

Das bei Oikocredit angelegte Kapital stieg von 1.122,5 Millionen Euro auf 1.125,4 Millionen Euro. Das entspricht einem Nettozufluss von 2,9 Millionen Euro im Quartal sowie einem Anstieg von 21,4 Millionen Euro seit Jahresbeginn. Unseren AnlegerInnen gebührt nach wie vor größter Dank für ihre Treue.

Ertragswachstum und strikte Kostenkontrolle führten zu einem Nettoergebnis von 14,8 Millionen Euro, eine erfreuliche Steigerung gegenüber dem zweiten Quartal. Dieser Betrag umfasst auch die im ersten Quartal verbuchte einmalige Auflösung von Rückstellungen in Höhe von 9,5 Millionen Euro. Die ungünstige Entwicklung des Anleihenportfolios (Wertpapieranlagen), wo steigende Zinsen seit Jahresbeginn einen Wertverlust von 3,3 Millionen Euro zur Folge hatten, wirkte sich negativ auf das Ergebnis aus. Positive Ergebnisbeiträge ergaben sich aus Wechselkursbewegungen und geringeren Absicherungskosten infolge der niedrigeren Volatilität der Wechselkurse.

Unter anderem stieg der Nettoinventarwert (NAV) pro Anteil im dritten Quartal auf 213,87 Euro und damit nahezu auf das Niveau von vor der Pandemie. Mit steigenden Auszahlungen sank die Nettoliquidität von 33,4 Prozent auf 31,2 Prozent.

Weitere positive Entwicklungen

Im dritten Quartal konnten MitarbeiterInnen wieder begrenzt reisen[1]. Damit sind wir jetzt erneut in der Lage, Partner zu besuchen und Teammitglieder aus verschiedenen Kontinenten zusammenzubringen. Mitglieder und AnlegerInnen begrüßten unseren Wirkungsbericht 2021, der anhand von Daten und Berichten einmal mehr widerspiegelt, wie Oikocredit und ihre Partnerorganisationen auf der ganzen Welt dazu beitragen, die Lebensumstände wirtschaftlich benachteiligten Menschen zu verbessern. Auch die von uns veranstalteten Webinare zum Bericht fanden Anklang. In unserer Geschäftsstelle im niederländischen Amersfoort haben wir ein hybride Arbeitsmodell eingeführt, das die Arbeit von zu Hause und im Büro kombiniert.

Die gestiegene Nachfrage nach Krediten deutet darauf hin, dass die Oikocredit-Partner lernen, mit der Pandemie zu leben und entsprechend zu planen. Nur einige wenige Partnerorganisationen sind noch auf unsere Unterstützung durch spezielle Covid-19-Maßnahmen angewiesen. Es sind auch keine neuen Anträge auf finanzielle Hilfe aus dem Coronavirus-Solidaritätsfonds bei der Oikocredit International Support Foundation (ISUP) eingegangen. Der Fonds bleibt allerdings offen. Das vor einem Jahr eingeführte Innovation in Response to Covid-19 Programm der ISUP unterstützt mittlerweile eine Reihe von Beratungs- und Schulungsprogrammen aktueller und früherer Partner bei der Bewältigung Covid-19-bedingter Probleme.

Insbesondere bieten wir unseren Partnerorganisationen jetzt wieder Beratungs- und Schulungsprogramme vor Ort und als Präsenzveranstaltung an. Dies ersetzt nun teilweise die Online-Betreuung, auf die wir uns zum Höhepunkt der Pandemie in den Jahren 2020/21 beschränken mussten. Im dritten Quartal schlossen wir die Datenerhebung für unsere Umfrage zur Eigenwahrnehmung von KundInnen ab (mehr dazu auf Seite 11 unseres Wirkungsberichts). Wir sind derzeit dabei, die Umfrageergebnisse zusammenzustellen und auszuwerten. Die Ergebnisse werden Aufschluss darüber geben, wie unsere EndkundInnen mit der Covid-19-Pandemie und anderen Veränderungen in den letzten zwölf Monate umgegangen sind.

Zu den Highlights unserer Beratungs- und Schulungsprogramme für Partner im dritten Quartal zählen u. a. die Erarbeitung von Strategien zur Steuerung des Preisrisikos mit elf Kaffeepartnern in Lateinamerika sowie die Finanzierung der Ausweitung dieses Programms auf Afrika im vierten Quartal; die Produktion von sechs Videos, die KundInnen von Partnern in Kambodscha eine finanzielle Weiterbildung vermitteln sollen; Unterstützung von weiteren 800 KleinbäuerInnen, um in Ruanda Teesetzlinge anzupflanzen, sowie Unterstützung eines Beteiligungspartners, sodass zusätzlich 15.000 KleinbäuerInnen eine Wetterindexversicherung abschließen können.

Ferner schlossen wir eine weitere Kreditgarantievereinbarung mit dem African Guarantee Fund for Small and Medium-sized Enterprises (AGF) ab, die uns ermöglicht, unsere Kreditvergabe auf afrikanische Partner mit höherem Risiko auszuweiten. Diese Vereinbarung sieht auch Zuschüsse zur Stärkung unserer Finanzierung von Klein- und Mittelbetrieben vor. Beim India Covid Response Program for Agriculture Transition handelt es sich um ein weiteres Kreditgarantieprogramm, das Oikocredit nutzt und an dem unsere indische Tochter Maanaveeya teilnimmt, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für indische KleinbäuerInnen und anzugehen.

Ausblick

Die Aussichten für die sozial verantwortlichen Investments von Oikocredit sind auch weiterhin positiv. Dennoch sind Vorsicht und Wachsamkeit geboten, was die wirtschaftlichen Perspektiven unserer Märkte in Afrika, Asien und Lateinamerika betrifft. Der ungleiche und außerordentlich beschränkte Zugang zu Covid-19-Impfstoffen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern bereitet uns große Sorge und könnte zu neuen verheerenden Pandemiewellen führen. Sofern es in den Ländern mit hohem Einkommensniveau zudem erneut zu Mobilitätseinschränkungen kommt, könnte dies einen globalen Wirtschaftsabschwung anstoßen.

Wir wollen jedoch den verstärkten Ausbau unseres Portfolios fortsetzen. Wir sehen hier erhebliche Chancen bei Kreditgeschäft und Kapitalbeteiligungen, sowohl mit bestehenden als auch künftigen Partnerorganisationen. Wir werden die Marktentwicklungen – wie insbesondere potenziell steigende Zinsen und deren mögliche Auswirkungen auf unsere Wertpapieranlagen – genau im Auge behalten. Der Erhalt der Portfolioqualität hat stets höchste Priorität.

Letzte Woche haben wir bekannt gegeben, dass Mirjam 't Lam mit 1. Dezember 2021 neue Geschäftsführerin von Oikocredit International wird. 't Lam kam im November 2020 als Direktorin für Finanzen und Risikomanagement zu Oikocredit. Zusätzlich zu dieser Funktion war sie seit August 2021 Interimsgeschäftsführerin. Als Geschäftsführerin wird 't Lam strategische Leitlinien vorgeben und gemeinsam mit der Geschäftsführung die Genossenschaft führen, um den Auftrag von Oikocredit umzusetzen, die Lebensqualität von wirtschaftlich benachteiligten Menschen durch verantwortungsvolle Investitionen zu verbessern.

Weitere Veränderungen in der Geschäftsführung ergeben sich aus der Entscheidung unseres Direktors für Kapitalanlagen, Bart van Eyk, Oikocredit Ende Februar 2022 zu verlassen, um neue Wege zu gehen.

Bei der anstehenden außerordentlichen Generalversammlung (Extraordinary General Meeting, EGM) von Oikocredit International am 2. Dezember werden wir unseren Direktmitgliedern das geplante neue Geldanlagemodell vorstellen und ihre Zustimmung für die nächsten Schritte einholen. Im Rahmen der Versammlung werden wir den Direktmitgliedern außerdem unsere aktualisierte Strategie für 2022-2026 vorstellen. Wir testen bereits einige der entwickelten, innovativen Vorschläge in der Praxis, die schon zu neuen Partnerschaften geführt haben, wie beispielsweise bei der Bildungsförderung in Afrika.



[1] Die Covid-19-Pandemie hat vor Augen geführt, dass Reisen nicht immer notwendig sind. Doch beruht unsere Arbeit zu einem Großteil darauf, persönliche Beziehungen zu unseren Partnern aufzubauen und sie vor Ort zu besuchen, um uns einen besseren Eindruck von ihrer Arbeit zu verschaffen. Wir sind uns der Umweltauswirkungen von Fernreisen bewusst und kaufen daher Fairtrade Gold Standard Carbon Credits des FairClimateFund, um unsere CO2- und sonstigen Treibhausgasemissionen auszugleichen, die vor allem durch Flugreisen verursacht werden.

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